Kaum jemand kennt den Götterbaum (Ailanthus altissima), der immer öfter in unserem Stadtbild zu entdecken ist. Der leicht tropisch wirkende, etwa 15m hohe Baum besiedelt Brachland und vernachlässigte Stadtecken in hohem Tempo. Schnell scheint der Baum dann in den Himmel zu wachsen, die Engländer nennen ihn passenderweise Tree of Heaven. Dabei taucht er an den ungewöhnlichsten Stellen auf und zwängt sich durch den kleinsten Spalt im Straßenbelag.

Eulivia: "Wo kommt der Götterbaum denn plötzlich her, gibt's den denn schon länger bei uns ?

Ja, schon eine ganze Weile. Der englische Gärtner Philip Miller hat vor etwa 250 Jahren als erster ein Exemplar in Europa kultiviert, die Baumsamen hatte er aus China - der Heimat des Baumes mit den armlangen Fiederblättern. Anfangs wurde der G. in Parkanlagen genutzt, aber er hat sich dann auch an anderen Stellen schnell verbreitet.

 

 
"Braucht er nicht ein besonderes Klima, wenn er von soweit her kommt?

Ja, du hast recht. Wenn der Winter zu kalt wird (kälter als -20 Grad), dann kann er nicht überleben. Du findest den G. deshalb auch eher in gemäßigten Regionen (z.B. in der Nähe von Wien). In Städten ist es aber mittlerweile so warm, daß er z.B. in Berlin auch gut zurecht kommt.

"Mann, das ist ja ein richtiges Alien!"

Könnte man sagen. Die Fachleute nennen es einen Neophyten, also eine Pflanze, die absichtlich oder unabsichtlich eingebürgert wurde. Davon gibt es welche, die in der neuen Umgebung Schaden anrichten, dann nennt man sie invasiv.

 

Ein einzelnes Blatt besteht aus dem Stiel und vielen Ei-förmigen Fiederblättchen

 

"Wow! Und der Himmelsbaum, äh ich meine Götterbaum - ist der auch gefährlich?"

Weil er sich so schnell ausbreitet, nimmt er anderen Pflanzen den Platz weg. In Österreich und manchen amerikanischen Staaten z.B. wird er bereits als Plage bekämpft. Ich persönlich finde ihn ziemlich dekorativ, er erinnert mich irgendwie an Palmen... "

Der weibliche Götterbaum trägt geflügelte Früchte in großen rötlich-gelben Büscheln


Oje, wenn das Klima bald wärmer wird, dann können wir uns ja bald in unseren Götterwald setzen und.."

..tja, die Verteilung der Pflanzenarten wird sich in nächster Zeit bestimmt ändern.
Der Götterbaum ist übrigens sehr anspruchslos was saubere Luft und Bodennährstoffe angeht. Er hat sich zB gerne auf Trümmer-bergen entwickelt, die nach dem Krieg durch die zerbombten Häuser entstanden sind.

 
Und noch etwas kann er sehr gut: er schickt seine Wurzeln unter der Erde weit weg und läßt sie plötzlich nach oben sprießen, sodaß an einer ganz anderen Stelle ein neuer Baum wächst (=Wurzelbrut).

"Hmm. Also mich erinnert er an irgendeinen anderen Baum, der auch so kleine Blättchen an einem Blattstiel hat, es hat irgendwas mit Essen zu tun..."

Du bist witzig , du meinst bestimmt den Essigbaum, der in vielen Vorgärten steht .

"Ja, ja, das könnte sein! Wie soll man die denn unterscheiden können?"

Es gibt einige Unterschiede. Was für den G. aber typisch ist, das sind die gezähnten Fiederblättchen..

"Wie bitte? Seit wann haben Blätter Zähne?"

Die 'Zähne' am Grund des Fiederblättchens
 
 

 

 

Direkt am Stiel der Fiederblättchen gibt es zwei oder mehrere Zähne, auf denen winzige Drüsen sitzen. Ach übrigens ist der G. giftig, zumindest die Rinde und die Samenkerne.

"Hiiiilfe"

Es gibt sogar Leute, die haben beobachtet, daß Bienen, die den Nektar für den leckeren Götterbaum-Honig sammeln, hinterher in Schlangenlinien davon fliegen, so als ob sie betrunken wären.

"Willst du mich auf den Arm nehmen????"

Ehrlich! Manche von den Bienen fallen angeblich kurz nach dem Besuch der Blüten tot auf die Erde. Vielleicht hat das ja auch etwas mit dem mysteriösen Bienensterben zu tun..

"Hey, ist das nicht Raphaela auf dem Bild?"

Die Blätter können bis zu einem Meter lang werden und haben oft mehr als 20 Fiedern
 

Na klar ist sie das. Übrigens werden die Blätter, von denene sie eins in der Hand hält, mancherorts an Raupen verfüttert, um Seide zu spinnen.

"Ihh, pfui Spinne, da ist mir ne Waldmaus lieber!"

Aus den Raupen wird dann ein schöner Falter, der Ailanthus-Spinner. In Wien flattert er schon öfter herum. Der gehört eigentlich auch nicht hierher und wurde nach Europa eingeführt. Da er bei uns seine Lieblingsblätter vorfand, hat er sich immer mehr verbreitet.
Dasselbe ist mit der bei uns eingebürgerten Rosskastanie und dem dazugehörigen Schädling, der Miniermotte passiert!


Ach übrigens darfst du dir den nächsten 'Baum des Monats' aussuchen. Wie findest du das?

Da bin ich ja gespannt.

Tschüß Eulivia.

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Text: Volker Schneider
Fotos und Illustrationen: baumschlau, P.Braun